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Björn Langenfeld, fotografiert von Britt Schilling

Selbstbestimmung

Selbstbestimmung

Für mich bedeutet selber bestimmen sehr, sehr wichtig.

Selbstbestimmung ist ein Thema, dass Menschen mit Down-Syndrom wichtig ist. Fragt man etwa Aladdin Detlefsen, über was in seinem Leben er selbst bestimmen möchte, lautet die Antwort kurz und knapp:

„Über alles.“

Seine Kollegin Anna-Lisa Plettenberg versteht nicht mal, warum wir überhaupt danach fragen. Sie schreibt:

„Ich hab selber zu sagen, was ich tue.
Das ist doch einfach.“

Gefragt, was Selbstbestimmung für sie bedeute, antwortet Angela Fritzen:

„Eine Stimme – ein Wort.“

Auch Verena Elisabeth Turin möchte unbedingt mitreden, wenn es um ihre Selbstbestimmung geht:

„Für mich bedeutet selber bestimmen sehr, sehr wichtig.
Weil ich sehr gerne mitreden möchte, wenn es um mich geht.“

Katja Sothmann macht sich selbst einen Zeitplan, nach dem ihr Alltag abläuft:

„Und wenn ich daheim bin, dann bestimme ich selber, wann ich Fernseher kuck oder wenn ich am PC bin, und wann ich ins Bett gehe.
Ich habe mir Zeiten gemacht: also um 18.50 Uhr, da wird immer der Schlaf-Anzug angezogen und um 21 Uhr da wird der Schlaf-Tee gekocht und um 10 Uhr gehe ich immer unter der Woche ins Bett.
Das alles habe ich mir selbst bestimmt, weil ich das will und das ist ein regelmäßiger Zeitplan.“

Julian Göpel unterscheidet nach verschiedenen Bereichen seines Lebens.
In manchen handelt er selbstbestimmt, in anderen nicht.

„Ich kann alles alleine in meiner Wohnung alles alleine machen.“

In seinem Job als Hausmeister-Helfer geht das manchmal, aber nicht immer.

„Bei der Arbeit darf ich nicht alleine bestimmen, die werden da gesprochen.
Ich brauche Unterstzung wegen Technikkeiten.
Handwerkeln kann ich auch alleine: Malerei, Gärtnen kann ich alleine.
Getränke kann ich hochbringen und Gepäck für die Gäste, die zu uns in der Firma kommen.
Die Anweisungen habe ich bei meinen Vorgesetzten zi tun.
Ich melde mich immer telefonisch bei meinen Vorgesetzten an.“

Aladdin Detlfsen muss sich im Job an Absprachen halten.
Er kann nicht selbst entscheiden, wann er arbeiten will oder was genau.
Aber die Entscheidung, dass er arbeiten möchte und seinen Job wichtig findet, die hat er selbst getroffen.

„Meine Arbeit, interessante Frage.
Wenn ich Arbeit hab, muss ich mal arbeiten.
Wenn mein Gruppen-Leiter sagt, ich muss arbeiten, denn muss ich mal arbeiten.
Ich hab voll Lust, das is meine Entscheidung.
Keine Arbeit is blöd.
Wenn ich mehr arbeite, dann krieg ich mehr Geld und mehr zu essen, mein Strumpf sparen, Gas und Strom sparen.
Das heißt: Ich will auch arbeiten.“

Wenn es funktionierende Absprachen gibt, ist er zufrieden:

„Geil. Bin ich zufrieden so wie läuft.
Bin alles einverstanden.“

Katja Sothmann hat gar kein Bedürfnis nach mehr Selbstbestimmung im Job.

„Also in der Arbeit möchte ich nichts selbst bestimmen, weil da ist es vorgeschrieben wie ich arbeiten soll, das soll auch so bleiben.“

Dominic Edler hingegen wünscht sich mehr Entscheidungs-Freiheit:

„Ich arbeite im Gast-Gewerbe.
Ich würde Selbst-Bestimmung.
Ich arbeite an der Theke und gebe Getränke aus.
Ich möchte selbst bestimmen, dass die Bedienung auf mich hört, weil viele Menschen Fehler an der Theke machen und mir falsche Bons geben.
Und ich mache auch Fehler.
Ich mag nicht, wenn sich streite darüber.“

Marc Lohmann entscheidet in vielen Bereichen seines Lebens selbständig: darüber ob und wie lange er feiern geht:

„Bis Mitternacht.“

Was er zu einem Picknick mitnimmt:

„Nudel-Salat, Frikadellen oder Vorspeisen, ganz frisch, eingelegt.“

Oder was er anzieht, wenn er tanzen geht:

„Wenn ich tanzen habe:
Mittwochs habe ich tanzen und mache ich mich schick für Tanz-Schritte zu lernen.
Zum Beispiel schwarze Hose und weißes Hemd und ein schickes rote Kragen-Hemd.
Ich mache die Kleider-Schrank auf und suche Tanz-Klamotten, was zu passen kann.
Und Tanz-Schuhe.
Nach der Arbeit fahre ich da hin, in die Tanz-Center.
Neue Tänze, neue Sachen merken.
Fühle ich sehr gut, es tut gut.
Tanzen ist auch beweglich sein.
Viel Bewegung.“

Paul Spitzeck entscheidet selbstbestimmt darüber,

„wo ich mit Freunden oder Freundin romantische Abend hingehe.
Was ich trinken darf, was ich gucken darf im Fernsehen.“

Verena Elisabeth Turin lebt auch selbstbestimmt.
Aber sie braucht Hilfe, wenn es um Geld geht.
Sie ist froh, dass ihr Vater sie in diesem Bereich unterstützt.

„Ich fühle mich dann glücklich wenn jemand das macht.
Besonders wenn mein Vater meine Bank-Geschäfte übernimmt und macht.
Er hat die Vollmacht hat über meinen Konto. 
Und ich kann nicht so gut Kopf-Rechnen mit dem Geld.“

Das findet sie aber ok.
Wichtiger wäre ihr, in einem anderen Punkt selbst bestimmen zu können:

„Ich würde selbst bestimmen, wie viele Tage ich bei meinen Freund bleiben darf. Damit ich ihn viel öfters sehen kann.
In meinen Leben.
In meinen Leben möchte ich selbst bestimmen.“

Daniel Rauers entscheidet selbst, welche Hose er morgens anzieht.
Oder wie er seine Arbeit macht.
In einem Punkt würde er sich aber mehr Freiraum wünschen:

„Wenn ich selber bestimme, dann würde ich alles machen.
Ich würde gerne Bildung schaffen.“

Er hat sogar einen Begriff dafür, wie dieser Prozess hieße:

„Hypoglatie“.

Marley Thelen findet es wichtig, bei den Wahlen selbstbestimmt zu entscheiden.
Für sie ist ganz klar, welche Partei ihre Interessen vertritt:

„Wähle ich Krüne über Umweltschmuz und Umweldfürerung.
Im Wald liegt nur überall Müll.“

Angela Fritzen stört sich auch nicht daran, dass es in ihrem Leben Bereiche gibt, über die sie nicht selbst bestimmen kann.

„Nein, die gibt es nicht.
Muss man Absprachen machen.“

Anna-Lisa Plettenberg ist nicht einverstanden damit, dass sie nicht alle Entscheidungen alleine treffen kann.

„Dann fühle ich mich generft.“

Aber sie hat ein Rezept dagegen:

„Dann gehe ich zum Klavier und spiele Noten.“

Katja Sothmann ist dankbar für Tipps – entscheiden will sie aber selbst.

„Natürlich können die anderen mir Tipps geben, wie ich das machen soll.
Aber nicht  einmischen, weil das ist meine Sache.
Das bestimme nur ich.“

Veronika Hammel kann das Gefühl, nicht frei entscheiden zu können, überhaupt nicht leiden.
Sie schreibt:

„Ich bin manchmal ohnmächtig.“

Und was hilft?

„Miteinander reden.“

Wie immer.

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