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Heinz Greuling bei der Arbeit in einem Londoner Archiv
26.02.2016

Post aus London

Henriette Pleiger und Heinz Greuling sind zum Arbeiten in London. Von dort haben sie dem TOUCHDOWN-Team einen Brief geschrieben.

Dieser Brief erreicht uns aus London:

Touchdown

Dr.Katja de Bragança, Dr.Heinz Greuling, Rikola-Gunnar Lüttgenau & Henriette Pleiger
Advisory Board: Julia Bertmann, Anne Leichtfuß & Prof. Dr. Heinz Schott

Freitag, 26. Februar 2016
kurz vor unserer Abreise aus London aus dem Hotel Grande Royale Hyde Park London vor dem Frühstück.


Liebe Kollegen der Ohrenkuss-Redaktion, liebe Julia und alle anderen!
Liebe Katja und Anne!

Wir, Henriette und ich, grüßen euch zum 2. Mal aus London bei unserer Reise in die Vergangenheit.
Gleich geht es noch ein letztes Mal an die Arbeit. Fünf Tage sind es nun!

Wir haben immer noch eine lange Liste an Aufgaben.
Vieles haben wir geschafft.
Die letzten Häkchen müssen wir heute noch hin bekommen!
Sonst könnten wir euch nicht all das erzählen, was ihr und all die anderen wissen wollen.
Die im Oktober in UNSERE Ausstellung wollen.
Die wissen wollen mehr über John Langdon Down und seine Bewohner damals.
Bewohner und Kollegen wie ihr heute meine Kollegen und Helfer und Mitdenker seid.

Dieser Bericht an euch erreicht euch ein wenig später—verzeiht.
Aber unsere Tage waren sehr voll.
Und wir waren bis jetzt echt geschafft am Abend.
Unser Eifer und eure Neugier haben hier alle Leute in den zwei Archiven irgendwie angesteckt.
Es hat sie auch das Fieber gepackt.
Das Langdon-Down-Fieber!

Das eine Archiv ist mitten in London—das andere in Surrey, eine Stunde Fahrt mit der Eisenbahn entfernt von unserem Hotel.
Die Archive haben ganz feste Zeiten.
Nur dann ist offen.
Man kann nicht einfach kommen und gehen.
Um 9 geht es los.
Um 17.00 Uhr ist Schluss.
Pünktlich auf die Minute.
Nur wir haben sogar ein bisschen länger schauen dürfen.
So spannend war das, was wir da rausfinden konnten.
Das hat auch die Archivare erstaunt.
Und ihr Chef hat gesagt:
"Wir geben euch noch ein bisschen Zeit. Wir machen für euch eine Ausnahme.
Ich schließe dann selbst ab.
Meine Mitarbeiter können schon gehen.
Ich bleibe da."
Jemand hat ein Bild gemacht.
Das werden wir euch zeigen.

Hier in London hüten Archivare die ganzen Schätze von John Langdon Down: Bücher.
So groß wie ein kleiner Tisch! Ehrlich!!
Und schwer wie ein Einkaufstasche mit zehn Flaschen Limo.
Der Deckel ist so dick wie ein Bleistift. Ehrlich!
Und zum Beispiel wunderschön grün angemalt.
Könnte von Julia sein.
Sie sind alle mit der Hand geschrieben.
In einer wunderschönen Schrift.
Die muss ich euch mal zeigen.
Jeder kann sie lesen. So sauber ist es.
Nicht so ein Gekrakel wie etwa ich manchmal schreibe, wenn ich in Eile bin.
Sie sind alle verpackt in Papier. So eine Art Pack-Papier in braun.
Mit einer großen Schnur drum herum.
Und einer Nummer daran.
Wir nennen die Nummer auf dem Band.
Und dann kommt jemand und bringt sie uns.
Niemand kann sie einfach so einmal anschauen.
Da muss man schon eine Erlaubnis haben.
Und die haben wir!!
Ich habe dafür sogar einen Ausweis bekommen mit Bild!
Wir sind ja hier für euch und die Bundeskunsthalle!
Die kennt man auch hier in London!

Die Bücher sind so eine Art Tagebuch—für die Ärzte damals, für Dr Langdon Down.
Da hat er alles aufgeschrieben - oben steht dann ein Name - und fein säuberlich zu jedem Datum, was so passiert ist.
Das ist sehr spannend.
Denn da werden all die Namen lebendig.
Und dabei ist doch alles sooo lange her.

Besonders spannend sind die Glas-Fotos.
Ja, ihr hört richtig.
Die Bilder sind nicht auf Papier.
Sondern auf Glas.
Und durchsichtig.
Und auch ganz sauber eingepackt in Papier.
So empfindlich sind sie.
Beinahe wäre einem Archivar das Glas hingefallen und gebrochen.
Da ist unser Herz still gestanden.
Gott sei Dank ist nichts passiert.
Ich habe sie aufnehmen können mit meinem Foto-Apparat.
Henriette und ich haben sie durchschauen können.
Hunderte sind es.
Und immer liegen sie auf einem Licht-Tisch.
Der leuchtet hell.
Und dann legt man das Bild drauf.
Und kann es anschauen.
Sie sind so groß wie eine kleine Hand.
Wir hoffen: Ein paar kommen in die Ausstellung.
Drückt uns die Daumen.
Dann könnt ihr selbst die ECHTEN Fotos so sehen wie wir!
Und all die anderen Besucher.
Oben auf den Bildern hat Dr Down die Namen geschrieben. Wir sind - glaube ich -die ersten, die systematisch alle durchschauen und prüfen—welcher Name steht da?!
Und wo finden wir den Namen in den Büchern...
Denn da stehen ja all die Informationen genau, alles, was wir wissen wollen.
Ob jemand Unterricht bekam.
Was genau er oder sie tun konnte.
Was jemand gerne gemacht hat.
Und was gar nicht gern.
Bei einem stand da tatsächlich: Sie aß gern.
Aber: Sie mochte gar nicht so gern Karotten.
Alles wird immer lebendiger, je länger wir hier sind.

Aber jetzt muss ich schließen.
Henriette wartet auf mich unten im Hotel-Eingang.
Und dann geht es los.
Zu unserem letzten Tag in London.

Wir denken viel an euch und nehmen euch immer mit uns.
Wir hoffen, wir machen unsere Sache gut—und ihr seid zufrieden, was wir heraus-finden konnten.

Seid gegrüßt aus dem sonnigen, aber kalten London.
Mit blauem Himmel.
Die gelben Osterglocken blühen sogar schon,

bis bald euer Kollege

HEINZ

Henriette Pleiger bei der Arbeit in einem Londoner Archiv, Foto: Heinz Greuling

Hier kann man den Brief lesen. Oder ihn als Datei herunter-laden.

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